Sprachbiografie-Forschung im Jugendtheater

Eine Zusammenarbeit zwischen dem Jugendtheaterprojekt „Gott und die Welt und ich“ und der Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Institut für internationale und interkulturell vergleichende Erziehungswissenschaft.

Projektleitung: Prof. Dr. Ingrid Gogolin, Prof. Dr. Jannis Androutsopoulos

 

Nach der von der Dürr Stiftung geförderten, 2012 abgeschlossenen Zusammenarbeit mit dem MUT-Jugendtheater und Betreuung des mehrsprachigen Hörspiels „Schrille Post“ starteten WissenschaftlerInnen der Universität Hamburg eine neue Zusammenarbeit an der interdisziplinären Schnittstelle zwischen Mehrsprachigkeitsforschung und Jugendtheater-arbeit.

Im Projekt Sprachbiografie-Forschung wurden bei ca. 20 im Jahr 2014 teilnehmenden Jugendlichen Sprachbiografien und Sprachenportraits mittels wissenschaftlicher Erhebung und Auswertung erstellt, die in Video- und Tonbandaufzeichnungen dokumentiert wurden. Aus der professionellen Bearbeitung der Aufzeichnungen wurde eine Video-Dokumentation erstellt für die universitäre Lehre und als Basis für Nachfolgeprojekte. Zusätzlich wurden aus dem Material zwei Kurzfilme realisiert, die im Rahmen der Lessingtage 2015 am Thalia Theater gezeigt wurden. Die Kosten für die gesamte begleitende Dokumentation wurden aus Mitteln der Dürr-Stiftung getragen.
Auf diese Weise entstand eine innovative und nachhaltige Verbindung zwischen Forschung, Theaterarbeit und Öffentlichkeitswirkung.
Die wissenschaftliche Erhebung und Auswertung der Sprachenportraits und der narrativen Interviews wird Thema einer Masterarbeit sein.

Im Rahmen der Lessingtage des Thalia Theaters im Januar 2015 wurden die aktuell erarbeitete Performance Bühne Interkontinental, Szenische Installation mit jungen Migranten und Flüchtlingen, sowie Ausschnitte aus der Erhebung der Sprachenportraits und deren Videodokumentation gezeigt.
In Bühne Interkontinental gewährten verschiedene Bühnen-Stationen einen Einblick in den Projekthintergrund, aber auch in die bisherigen Lebenswege der Beteiligten. Die Möglichkeit, in direkten Austausch mit den Jugendlichen zu kommen, haben die Besucher vielfältig genutzt.

Hintergrund:

Das seit November 2012 laufende Jugendtheaterprojekt „Gott und die Welt und ich“ als Kooperation des CJD (Christliches Jugenddorfwerk Deutschland) Hamburg+Eutin und des Thalia Theaters wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert.

Mit den gemeinsam und unter professioneller Anleitung erarbeiteten Performances und Stücken ermöglicht das Projekt einen unmittelbaren und nicht nur theoretischen Zugang zu Fragen der Flüchtlingspolitik und zur interreligiösen Begegnung, der auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Einige Projektteilnehmer konnten in der Aufführung „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jellinek am Thalia Theater mitwirken.

Im über drei Jahre laufenden Projekt treffen sich zugewanderte Jugendliche zwischen 16 und 28 Jahren wöchentlich für mehrere Stunden. Sie kommen unter anderem aus Afghanistan, dem Iran, Lettland, der Ukraine, Portugal sowie verschiedenen lateinamerikanischen und afrikanischen Ländern und leben teilweise erst seit kurzem in Hamburg. Ihre Themen sind Geschichten über Migration und Flucht, Tradition und Gemeinschaft, Verständigung und Glauben. Die Jugendlichen erleben dabei ihre eigenen Lebensgeschichten neu, üben sich in der Vermittlung von interkultureller bzw. interreligiöser Kompetenz, behaupten sich auf der Bühne und erweitern ihre Sprachkenntnisse. Ihre Stücke zeigen den Zuschauern, was Neuzugewanderte hier in Deutschland erleben, wie sie es erleben und wie schwierig es sein kann, eine neue Sprache zu lernen.